Was den Russen der Wodka, den Schotten der Whiskey und den Mexikanern der Tequila, das ist der Cachaca (ausgesprochen Katschassah) den Brasilianern. Die süßlich-würzige Spirituose wird im Gegensatz zum bekannteren Rum ausschließlich aus fermentiertem Zuckerrohrsaft destilliert. Cachaca wird nur in seinem Stammland Brasilien hergestellt, wo die Bezeichnung gesetzlichen Schutz genießt. Der Alkoholgehalt liegt bei 38 bis 48 Volumenprozent. Ein optionaler Zuckerzusatz darf dreißig Gramm pro Liter nicht überschreiten und muss auf der Flasche ausgewiesen werden. Weltweit nimmt der Cachaca den dritten Platz unter den beliebtesten Spirituosen ein. Bei uns in Deutschland findet er meist in Form von Cachaca Cocktails Verwendung.
Cachaca – Wirtschaftliche Bedeutung
Die meisten Betriebe, die das Getränk herstellen, finden sich im Osten und Nordosten Brasilien. Die beliebteste Spirituose des Landes wird in großen Fabriken wie auch in handwerklichen Kleinbetrieben gebrannt. Entsprechend unterscheidet man den Cachaca Industrial vom Cachaca Artesanal, der in kleinem Maßstab in der klassischen Kupferbrennblase hergestellt wird. Die große Zahl der Kleinbetriebe erklärt sich daraus, dass viele Brennereien sich in der unmittelbaren Umgebung der Plantagen angesiedelt haben, um das Zuckerrohr so frisch wie möglich verarbeiten zu können.
Schätzungen zufolge gibt es 40.000 Produzenten, wovon allerdings nur etwa 4.000 als Marke registriert sind. Die Kleinbetriebe spielen beim Export praktisch keine Rolle. Dagegen sorgen die wenigen industriellen Betriebe für rund zwei Drittel der landesweiten Produktion und den Großteil des Exports. Nach Angaben des Instituto Brasileiro de Cachaça werden in Brasilien jährlich 1,3 Milliarden Liter hergestellt. Davon exportiert wird allerdings nur rund ein Prozent, das meiste davon nach Deutschland. Weitere wichtige Exportländer sind die USA, Japan, Frankreich, Kanada und Australien.
Der Cachaca und seine Geschichte
Brasilien ist heutzutage der weltweit größte Exporteur von Zuckerrohr. Dabei vergisst man leicht, dass diese Süßgrasart eigentlich aus Ostasien stammt und hier nicht heimisch ist. 1529 verlagerten die Portugiesen den Schwerpunkt ihrer Zuckerrohrproduktion von Madeira nach Südamerika und eröffneten die ersten Zuckerrohrplantagen an der brasilianischen Küste.
Cachaça wurde der Schaum genannt, der sich beim Kochen des zerkleinerten Zuckerrohres in großen Siedekesseln an der Oberfläche bildet. Für die Portugiesen war das Abfall, aber die schwarzen Sklaven schöpften ihn ab und stellten daraus den ersten Cachaca her. Sie schätzten das hochprozentige Getränk, das ihnen Kraft für die schwere körperliche Arbeit gab und ihnen half, Anstrengungen und Schmerzen besser zu ertragen. Auch die Plantagenbesitzer erkannten schnell diese Vorteile. 1663 schrieb João Fernando Vieira dem neuen Aufseher seiner Zuckerrohrmühlen, dass die Sklaven nur dann mit der schweren Arbeit beginnen würden, wenn sie ihre tägliche Portion Cachaca bekommen hätten. 1780 bezeichnete der Gouverneur des Bundesstaates Minas Gerais den Cachaca als Grundnahrungsmittel der Fronarbeiter.
Zwei Cachaca-Gedenktage für ein Stück brasilianischer Identität
Nicht nur die Sklaven wussten das Gebräu zu schätzen, auch ihre Herren sprachen dem Cachaca zu, sehr zum Mißfallen des portugiesischen Gouvernements. Denn ab 1630 versuchten die Portugiesen, einen Tresterbrand aus der heimischen Weinherstellung, den Bagaceira, in ihren südamerikanischen Kolonien zu verkaufen. 1635 verbot der König Herstellung, Vertrieb und Verkauf des brasilianischen Lieblingsgetränkes. Der Cachaca ging in den Untergrund und lebte dort munter fort, sodass 1659 ein neuer königlicher Erlass die Restriktionen noch weiter verschärfte. Das führte dazu, dass 1660 eine Gruppe von Cachaca-Brennern in Rio de Janeiro rebellierte und die Kontrolle über die Stadt übernahm. Dieser Aufstand ebnete den Weg zur Legalisierung des Cachaca am 13. September 1661. Die Sociedade Brasileira da Cachaça, eine brasilianische Regierungsorganisation, hat das zum Anlass genommen, den 13. September als Dia Nacional da Cachaça zu feiern.
Ein weiteres Mal versuchte die portugiesische Krone am 12. Juni 1744 das Getränk zu verbieten. Das führte zu einem Volksaufstand, an dessen Ende die Portugiesen erneut nachgeben mussten. Und auch der 12. Juni wurde zum Gedenktag, allerdings international in Form des International Cachaça Day.
1822 wurde Brasilien von Portugal unabhängig, und der Cachaca hat sich als Symbol brasilianischen Nationalstolzes etabliert. Er steht bis heute für nationale Selbstbestimmung nach Abschaffung von Kolonialismus und Sklaverei und gehört zu Brasiliens Identität wie Copa Cabana, Karneval in Rio und Pelé.
Entspannung nicht nur für Menschen
Nicht nur die Sklaven wussten sich die entspannende Wirkung zunutze zu machen. 1959 beschrieb der US-amerikanische Kochbuchautor James Beard, dass in Brasilien Truthähne vor dem Schlachten große Mengen Cachaca bekämen. So wären sie beim Schlachten wesentlich entspannter und ihr Fleisch wesentlich zarter.
Geschmack und Verwendung von Cachaca
Kennzeichnend ist der Geschmack nach frischem Zuckerrohrsaft, der durch feine Aromen von Gras und Zitrus und fruchtige Noten nach Banane oder Papaya ergänzt wird. Das macht ihn zu einer vielseitig einsetzbaren Grundlage für Cachaca Cocktails.
Am bekanntesten ist er in Europa als Bestandteil des „kleinen Bauernmädchens“. So lautet die wörtliche Übersetzung des portugiesischen Caipirinha. Der Legende nach war der Vorläufer der Caipirinha aus Cachaca, Zitrone, Knoblauch und Honig eine volkstümliche Medizin gegen die Spanische Grippe. Mittlerweile knoblauchfrei ist der Drink aus Cachaca, Limettensaft, Zucker und Eis heute unverzichtbares Element jeder Cocktailkarte. Übrigens: So wie James Bond seinen Martini gerührt, nicht geschüttelt bevorzugt, sollte beim Caipirinha die Limette zerstoßen, nicht ausgedrückt werden.
Apropos geschüttelt: auch die verschiedenen Varianten des Batida, des „Geschüttelten“, gehören zu den bekannten Cachaca Cocktails. Hierzu werden Fruchtsaft oder pürierte Früchte sowie Zucker verwendet, die das Aroma des Cachaca perfekt ergänzen.
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